Berlin, 1.Februar 2018

Laudatio
Dr. Hugo Müller-Vogg:

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

das Leben steckt voller Überraschungen. Die meisten von Ihnen wussten nicht so genau, was sie heute Abend hier erwartet – jedenfalls keinen Hugo Müller-Vogg am Rednerpult.

Veranstaltungen wie diese sind eben wie Wundertüten. Wobei es von Vorteil ist, solche Events mit geringen Erwartungen zu besuchen. Der Optimist kann enttäuscht werden, der Pessimist kann dagegen nur positiv überrascht werden.

Unter uns sitzt jemand, der zu den Stammgästen des Politik-Awards zählt. Er ist für 2017 in keiner Preis-Kategorie nominiert worden. Ich weiß nicht, ob er pessimistisch oder optimistisch hierher gekommen ist. Dennoch wird er positiv überrascht werden – mit einem Ehren-Preis.

Um die Zahl derer, die sich jetzt vielleicht Hoffnungen machen, etwas zu reduzieren, sollte ich jetzt sagen: Der große Unbekannte ist ein Mann. Um genauer zu sein: Er ist in jeder Beziehung ein Herr, ein Gentleman alter Schule. – Damit wird der Kreis derer, die jetzt noch hoffen dürfen, deutlich kleiner – geschlechtsbedingt, altersbedingt und auch sonst.

Unser Preisträger ist der Doyen der deutschen Kreativen und Kommunikatoren. Er hat in seinem langen Berufsleben viele Spuren hinterlassen – mit Kampagnen für Markenartikler, für Investitionsgüter oder Healthcare-Produkte. Er hat Plakate gestaltet, die das Museum of Modern Art in seine Sammlung aufgenommen hat. Als Professor für visuelle Kommunikation hat er zahllose Studierende inspiriert und motiviert. Vor allem aber hat er mit mehr als 60 Wahlkampagnen die politische Kommunikation in diesem Land maßgeblich beeinflusst und teilweise auch revolutioniert.

 

Meine Damen und Herren,

ich möchte Sie nicht länger auf die Folter spannen. Wir ehren heute Abend Professor Coordt von Mannstein.

Coordt von Mannstein hat seine Agentur 1968 gegründet. Er ist also ein Achtundsechziger – aber ein bürgerlicher. (Sonst wäre ich wohl nicht als Laudator ausgewählt worden.)

Bekannt wurde er vor allem durch 7 Bundestagswahl-Kampagnen für die Union – und mehr als 50 Wahlkämpfe für CDU und FDP in Ländern und Kommunen. Ein konservativer Achtundsechziger, also. Was kein Widerspruch ist. Coordt von Mannstein hat mit seinen Kampagnen bei der CDU viele alte Zöpfe abgeschnitten.

Ich gehöre hier im Saal zu denen, die dank der Gnade der frühen Geburt selbst miterlebt haben, wie von Mannstein das Erscheinungsbild der CDU von schwarzem Muff befreit hat.

  • Das ist Coordt von Mannstein z. B. mit Humor gelungen. Ich erinnere an das legendäre Poster einer kecken jungen Frau mit Boxhandschuhen und der Aufforderung: „Komm aus deiner linken Ecke.“ Das war 1975. Oder den 1987 herzhaft in eine Birne beißenden Helmut Kohl, der so die Birne-Witze konterkarierte.
  • Coordt von Mannstein hat es wiederholt geschafft, Spitzenkandidaten als „Botschaft und Marke“ in Szene zu setzen. Das gelang ihm 1976 besonders eindrucksvoll mit Helmut Kohl. Über den neu gestylten, auf Großflächen daher kommenden Helmut Kohl spottete „Die Zeit“, der Mann aus der Pfalz wirke auf den Plakaten „wie Peter Pasetti auf dem Rückweg vom Herrenausstatter“. Nun ja, dieser Kohl alias Pasetti erzielte heute unvorstellbare 48,6 Prozent. (Das hat mancher in HH bis heute nicht
  • Coordt von Mannstein konnte auch mit schweren Säbeln kämpfen. Der Slogan „Freiheit statt Sozialismus“ in der Strauß-Kampagne 1980 ist viel kritisiert worden. Aber er bot den Wählern eine Alternative – jedenfalls eine klarere als die #fedidwigugl-Spielereien der CDU im vergangenen September.

 

Lieber Herr von Mannstein,

Sie haben beruflich Maßstäbe gesetzt. Sie haben auch Maßstäbe gesetzt in Punkto Stil. Manche Wahlkampf-Strategen vermitteln heute den Eindruck, es ginge bei Wahlen um sie selbst und nicht um die Parteien, für die sie werben. Sie hingegen blieben immer dezent im Hintergrund.

Und sie haben Maßstäbe gesetzt, wie man eine erfolgreiche berufliche Karriere mit Noblesse beendet. Sie haben Ende vergangenen Jahres nach 50 Jahren Ihre Agentur geschlossen. Und das haben Sie den vielen Menschen, mit denen sie in Kontakt stehen, mit der Weihnachtspost auf elegante Weise kundgetan

 

Lieber Herr von Mannstein,

es ist mir eine Ehre, Ihnen nunmehr im Namen der Jury die Auszeichnung zu überreichen.

Herzlichen Glückwunsch und alles Gute.